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Sonntag, 27. November 2011

Wie geht es weiter mit Edeka in Herbede?

"Jetzt ist die Politik gefragt", sagte Jürgen Augstein, Redaktionsleiter der Wittener Lokalredaktion der WAZ und WR, am 11.11.11 (DerWesten), weil ihm die Schließungsankündigung wie ein "Paukenschlag" in den Ohren klang. Noch bevor Edeka schließt, sagte er, "muss eine Lösung her. Herbede braucht einen zeitgemäßen Frischemarkt mit Parkplatz." Das sagen auch die großen Parteien. Und die Verwaltung. Und Edeka.
Herr Augstein, der sich hier zum Sprachrohr macht, wird wahrscheinlich nicht erklären können, warum ein zeitgemäßer Frischemarkt nicht auf der vorhanden Verkaufsfläche von ca. 600-700 m2 wirtschaftlich erfolgreich betrieben werden kann, obwohl Rewe sich das beispielsweise zutraut. Wenn Edeka geht, kommt eben Rewe in die Meesmannstraße ins Zentrum. Was also soll der Hype um Edeka?

Der Leiter des Edeka-Marktes in der Meesmannstraße, Dominik Grütter, sagte am 12.09.2011 er habe gar kein Interesse daran, den jetzigen Standort zu verlassen, er wolle nur endlich Klarheit haben. Auf der Bürgerveranstaltung am 26.10.2011 nahm die Architektin, Frau Bieber, die Ablehnnung der anwesenden Bürger gegenüber einer Verlagerung des Edeka-Marktes in das Gerberviertel zur Kenntnis und reagierte mit den Worten: "Dann muss Herr Grütter eben kündigen." Frau Bieber arbeitet mit der Firma Dreier zusammen und ist mit Standortplanungen für Edeka befasst.

Wenige Tage später, am 08.11.2011, setzt Edeka in einem Schreiben an den Stadtbaurat, Dr. Bradtke, die Stadt davon in Kenntnis, dass Edeka seinen Markt in einem Jahr, zum 31.12.2012, schließen werde. (Wir hatten schon auf die merkwürdige Form des Schreibens und die fehlenden Unterschriften hingewiesen: Edeka kündigt Schließung des Marktes in Witten-Herbede an! Original oder Fälschung?)
Über die Schließungsankündigung wurde einen Tag später in der Presse berichtet. Die Mitarbeiter des Edeka-Marktes wurden von dem Plan überrascht, und selbst der Marktleiter schien von der Kündigung nichts zu wissen. Der Vermieter war ebenfalls nicht informiert worden.
Die Edeka Standortentwicklung setzte in dem genannten Schreiben die Stadt davon in Kenntnis, dass sie sich mit dem benachbarten Drogeriemarkt Rossmann abstimme, der die Nachfolge antreten solle. Aus städteplanerischer Sicht würde der Drogeriemarkt dann einen Platz im Zentrum besetzen, der einem Einzelhandel mit sehr hoher Kundenfrequenz vorbehalten sein müsste, damit dem Zentrum keine Nachteile entstehen, und die bietet in Herbede nur der Lebensmitteleinzel. Der Drogeriemarkt und der Lebensmittelsupermarkt sind also nicht einfach austauschbar.

Aber betrachten wir die Situation ein wenig genauer: Der Lebensmittelkonzern Edeka kann nicht sicher sein, dass ihm das Grundstück im Gerberviertel tatsächlich zugeschlagen werden wird. Warum will er trotzdem verhindern, dass in den von Edeka aufgegebenen Standort beispielsweise Rewe einzieht?

Angenommen, Edeka verzichtet tatsächlich auf den Standort in Herbede, könnte es sein, dass der Edeka-Markt im Nachbarstadtteil Witten-Heven (1.500 m2) nicht so gut läuft, wie Edeka es erhofft hatte und dass der Hevener Markt durch Unterdrückung einer möglichen Konkurrenz in Herbede gestärkt werden soll?
Sollte Edeka tatsächlich einen Markt im Gerberviertel bauen dürfen, müsst der Branchenriese durch einen Lebensmittelsupermarkt in der Meesmannstraße keine Konkurrenz befürchten, denn in diesem Fall wäre kein Betreiber mehr an diesem Standort im Zentrum interessiert. Oder könnte es sein, dass der Standort aus betriebswirtschaftlicher Sicht doch als gut zu bewerten ist, wie dies im Einzelhandelsgutachten von Stadt+Handel sogar festgestellt wurde, und der neue Edeka-Markt im Gerberviertel die Konkurrenz eines möglichen Nachfolgers in der Meesmannstraße fürchten müsste?
Dies führt uns zur zentralen Frage an die Fraktionen und die Verwaltung: Wenn der Standort in der Meesmannstraße sich für einen Lebensmitteleinzelhandel aus betriebswirtschaftlicher Sicht gut eignet, wie es vom Gutachten bestätigt wurde, welche Veranlassung haben dann die Fraktionen und die Verwaltung, einer Verlagerung bzw. Neuansiedlung des Lebensmittelsupermarktes zustimmen und damit die bewährten Synergien zwischen dem Lebensmittelsupermarkt und den Fachgeschäften in der Meesmannstraße zerstören? 
Werden die demokratischen Spielregeln befolgt, kann der Lebensmittelkonzern Edeka sich heute nicht sicher sein, dass ihm das Grundstück im Gerberviertel tatsächlich zugeschlagen werden wird. Aber, obwohl sich die Stadt noch nicht entschieden hat, wurde bereits ein Einfamilienhaus im Gerberviertel, das für den Bau des Lebensmittelsupermarktes an strategisch wichtiger Stelle liegt, auf Vorrat gekauft - vom Edeka-Partner und Dortmunder Investor Dreier-Immobilien. Mit dieser Firma kooperierte bzw. kooperiert die Stadt in Stockum, Bommern, Heven und Herbede.

Welchem Bürger kann man es eigentlich verdenken, wenn er denkt, in Herbede gehe etwas nicht mit rechten Dingen zu? Die Schließungsankündigung Edekas wird folglich von den Bürgern als taktisches Manöver bewertet. Dies gilt auch für das zurzeit verbreitete Gerücht, Edeka werde nicht erst Ende 2012, sondern bereits Ende dieses Jahres schließen. Es wird Angst geschürt.

Die kritischen Bürger, Einzelhändler, Dienstleister, Gewerbetreibende und Immobilieneigentümer im Bereich der Meesmannstraße haben absolut kein Verständnis für diejenigen Parteien, die aus der Schließungsankündigung eine vermeintliche Notlage für die Versorgungsperspektive des Stadtteils konstruieren und sich so weit erniedrigen, dass sie möglicherweise demjenigen das Grundstück verkaufen,  der diese Situation zu seinem eigenen Vorteil herbeigeführt hat. Käme dann vielleicht der Discounter Lidl wieder ins Spiel, wie manche argwöhnen?

Es wäre ein Gewinn für die Demokratie und den Zusammenhalt zwischen Bürgern und den gewählten Vertretern, wenn die Bürgermeisterin und die Parteien die Beschlüsse von Bürgerversammlungen und Workshops in Herbede respektierten und auf die Ansiedlung eines großflächigen Lebensmitteleinzelhandelsbetriebes im Gerberviertel endlich verzichteten.
Für eine Zusammenarbeit bietet sich die Herbeder Arbeitsgruppe Zentrumsentwicklung an. Transparenz und Kooperation werden verlangt!
Wir wissen nicht, ob die Wittener Parteien derzeit die Chance einer größeren Bürgernähe und offener Gespräche sehen. Lesenswert zu diesem Thema ist auf jeden Fall die Sorge des Parteivorsitzenden der SPD, die er auf dem Parteitreffen der SPD in Bochum geäußert hat:  Sigmar Gabriel, Entfremdung vom Bürger könnte zum „Tod der SPD“ führen, WAZ, 20.11.2011

Lassen Sie doch einfach mal das Bild vom Spatenstich für Edeka in Stockum, im Jahr 2009, auf sich wirken.
Zum Vergrößern bitte das Bild anklicken
Der vollständige Zeitungsbericht: RuhrNachrichten, 13.08.2009
Zum Projekt: „Das hat richtig Spaß gemacht”, sagt Architektin Bieber über das Bebauungsplanverfahren. Es gebe wenige Kommunen, die das in so kurzer Zeit – kein Dreivierteljahr habe es gedauert – hinkriegen, erklärt sie. Und ihr Dank gilt den Vertretern der beteiligten Ämter" (DerWesten, 14.08.2009)
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Die Herbeder Bürger, Gewerbetreibenden und Immobilieneigentümer im Bereich der Meesmannstraße lehnen einen Lebensmittelsupermarkt im Gerberviertel ab, so lange Alternativen im Zentrum bestehen. Dass Entwicklungsmöglichkeiten bestehen, wurde durch das Gutachten