In einem Schreiben vom 08.11.2011, das seit heute allen Fraktionen vorliegt, setzt Edeka die Verwaltung davon in Kenntnis, "dass die Edeka Handelsgesellschaft ihren Markt in Witten-Herbede zum 31.12.2012 schließen wird". Nehmen wir einmal an, es handelt sich NICHT um einen Fake:
Müssen sich die Bürger jetzt Sorgen machen?
Um es gleich vorweg zu sagen: Aus der Sicht des Gutachterbüros Stadt+Handel und des Bürgerkreises (Potenzialflächenanalyse) müssen sich die Herbeder keine Sorgen um die Standorte in der Meesmannstraße und die Nahversorgung machen.
Aber dennoch verdient das Schreiben Beachtung:
Nicht der Marktleiter, Herr Grütter, der angeblich selbständige Kaufmann ("Der Betreiber ist ein privater Einzelhändler, die „Tante Emma“ der heutigen Zeit, ...", Schreiben des Architekturbüro Bieber an den Bürgerkreis vom 07.04.2011) teilt dies der Öffentlichkeit mit, sondern der Konzern, weshalb man sich fragen kann, was der Konzern mit dieser Mitteilung bezweckt? Eine Tante Emma wäre jedenfalls nicht auf den Gedanken gekommen, der Verwaltung mitzuteilen, dass sie gedenkt ihren Laden zu schließen, wenn er sich nicht mehr rechnet. Wahrscheinlich hätte ihr auch niemand zugehört, oder man hätte ihr gesagt, das sei dem Fortschritt zu verdanken und ihr Angebot sei nicht mehr gefragt. Sie wäre einfach gegangen.
Da ist Edeka doch aus ganz anderem Holz geschnitzt: Der Konzern nennt als Grund nicht nur "die fehlende Perspektive hinsichtlich einer unternehmerisch und strategisch gewinnversprechenden Entwicklung für die nächsten Jahre", sondern auch "das Voranschreiten der Wettbewerbsintensität in den benachbarten Ortsteilen und Gemeinden Witten und Bochum". Diese Feststellung müssen wir nicht kommentieren, da uns die Gründe dafür, warum Edeka sich diesen Wettbewerbsdruck mit immer größeren Verkaufsflächen selbst erzeugt (Edeka in Heven und Bommern) und möglicherweise Kannibalismus betreibt (Netto in Herbede), nicht bekannt sind.
Wie stark der Machthunger des Konzerns aber ist, zeigt sich aber daran, dass Edeka, dem die Immobilie, in dem der Supermarkt betrieben wird, nicht gehört, selbst mit möglichen Nachfolgern verhandelt, obwohl der Mietvertrag normal ausläuft und Edeka sich weder um einen Nachfolger noch um einen Nachfolger des Nachfolgers kümmern müsste. In dem Schreiben von Edeka heißt es aber: "Mit der Firma Rossmann befinden wir uns vor diesem Hintergrund in enger Abstimmung hinsichtlich einer Untervermietung unseres Bestandsobjektes. Rossmann hat Interesse an einer Verlagerung aus der direkten Nachbarschaft in unsere Fläche, da das Drogerieunternehmen inzwischen ebenfalls mit Größenrestriktionen zu kämpfen hat. Die heutige Rossmann-Fläche wird sich nach unserer Einschätzung problemlos an eine andere Branche vermieten lassen. Interessenten aus dem Bereich Textil im guten Fachmarktsortiment liegen vor."
Edeka will offenbar verhindern, dass Rewe oder ein anderer Vollsortimenter diesen Standort in der Meesmannstraße bezieht und zeigen könnte, dass Erfolg weniger von der Größe der Verkaufsfläche abhängt als von der Qualität des Angebots. Würde sich die jetzige Fläche von 600-700 m2 für einen Lebensmittelhandel tatsächlich aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht erfolgreich führen lassen (was von dem Gutachterbüro Stadt+Handel bestritten wird), dann brauchte Edeka ja nur abzuwarten, bis der Versuch des Mitbewerbers misslingt.
Das Planspiel Edekas überrascht uns nicht; es legt die Vermutung nahe, dass es letztlich nicht um eine Schließung des Edeka-Marktes geht, sondern um eine Drohung: "Wir werden jedoch an einer strikten Umsetzung festhalten und die notwendigen Kontrakte zeitnah verabschieden". Dies wirkt wie ein letzter Versuch, zweifelnde Ratsvertreter zu motivieren, der Verschiebung des Supermarktes in das Gerberviertel zuzustimmen.
Und jetzt das Merkwürdige: Das Edeka-Schreiben vom 08.11.2011 trägt keine Unterschrift ...
Dies ist nicht das Einzige, was uns an dem Schreiben aufgefallen ist - und Ihnen?
Fortsetzung folgt.
(Erstveröffentlichung am 11.11.2011, 18:49)