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Donnerstag, 3. November 2011

Ratsbürgerentscheid - Sollen die Bürgerinnen und Bürger entscheiden?

In einem Leserbrief schlägt der Fraktionsgeschäftsführer des Bürgerforums und Ratsvertreter Klaus Riepe einen Ratsbürgerentscheid vor (siehe Leserbrief). Er sagt: "Dessen Ergebnis würde mit bestmöglicher Repräsentativität klar machen, wie die Wittener und Herbeder Bürgerinnen und Bürger über die Notwendigkeit der Ansiedlung eines großflächigen Einzelhandels im Gerberviertel und die Zukunft dieses Areals denken".
Was ist ein Ratsbürgerentscheid?

Zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung wurden zwei wesentliche Sätze per Gesetz  am 17.10.2007  in § 26 Abs. 1 der Gemeindeordnung NRW eingefügt:  
"Der Rat kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Mitglieder beschließen, dass über eine Angelegenheit der Gemeinde ein Bürgerentscheid stattfindet (Ratsbürgerentscheid). Absatz 2 Satz 1 sowie die Absätze 5, 7, 8 und 10 gelten entsprechend" (GV.NRW. S.380).
Das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen erklärt dazu: "Eine solche Entscheidung des Rates kommt vor allem dann in Betracht, wenn eine Frage sowohl in der Gemeinde wie im Rat hoch umstritten ist, und wenn von der Abstimmung durch die Bürger erwartet werden kann, dass diese - ganz gleich wie sie ausgeht - zu einer Befriedung in der Gemeinde führen wird."Mit Hilfe eines Ratsbegehrens können die Gemeindevertretungen eine Abstimmung aller Bürger - den Ratsbürgerentscheid - herbei führen.
Für den Rat gibt es vier unterschiedliche Gründe, ein Begehren zu initiieren:
  1. weil sich der Rat in einer wichtigen kommunalpolitischen Entscheidung nicht einig war,
  2. aufgrund der Auffassung, dass dies die Legitimität einer Entscheidung erhöht oder 
  3. um das Anliegen eines nicht eingereichten oder unzulässigen Bürgerbegehrens aufzugreifen, 
  4. als Alternativfrage zu einem zur Abstimmung kommenden Bürgerbegehren.
Der Rat der Stadt kann also selbst entschieden, ob er die umstrittene Frage der Ansiedlung eines großflächigen Lebensmitteleinzelhandels außerhalb des gewachsenen Zentrums in Herbede nicht selbst sondern mit dem Votum seiner Bürgerinnen und Bürger entscheiden lässt.

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Bedenken, die direkte Form der Demokratie sei mit dem System der repräsentativen Demokratie nicht vereinbar und die Sorge, der Rat könne das ihm übertragene Mandat leichtfertig an die Bürger zurück geben, wurden durch das Gesetz ausgräumt. Die Gemeindeordnung NRW bestimmt: Die Verwaltung der Gemeinde wird ausschließlich nach dem Willen der Bürgerschaft bestimmt. Die Bürgerschaft wird durch den Rat und den Bürgermeister vertreten (§ 40). Der Rat soll das ihm übertragene Mandat nur dann an die Bürgerschaft zurück geben können (Referendum), wenn mindestens zwei Drittel der Mitglieder (der Bürgermeister zählt mit und stimmt mit ab) für einen Ratsbürgerentscheid stimmen.

Die Gemeindevertreter haben also die Möglichkeit, per Ratsbürgerentscheid eine souveräne und selbstbewusste Entscheidung zu treffen.
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Nach einem solchen Ratsbeschluss gelten für den Ratsbürgerentscheid die gleichen Regeln, wie für einen von den Bürgern beantragten Bürgerentscheid. Deshalb sind auch die Vorgaben der Verordnung zur Durchführung eines Bürgerentscheides vom 10.07.2004 (GV.NRW.S.245) darauf anzuwenden. So darf in einem Ratsbürgerentscheid nur über solche Themen abgestimmt werden, die auch einem Bürgerbegehren zugänglich wären. Der Ausschlusskatalog des § 26 Abs. 5 gilt also auch für den Ratsbürgerentscheid. Werden die Bürger zur Abstimmung aufgerufen, so muss die Abstimmungsvorlage auch eine Aussage zur Kostendeckung enthalten.

Zum Nachlesen: