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Montag, 26. Dezember 2011

Herbede soll keine Schlafstadt werden!

Die Studie "Die demografische Lage der Nation", herausgegeben vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, kommt zu dem Ergebnis, dass strukturschwache Dörfer in den kommenden Jahrzehnten völlig verlassen sein werden. Weil immer weniger Menschen in Deutschland leben, werde sich der Wettbewerb der Kommunen um Einwohner, insbesondere um Familien und gut verdienende Steuerzahler, verschärfen. ("Dorf? Nein, danke!", ZDFheute, 26.12.2011)
Bestand haben werden auf jeden Fall all jene Dörfer und Kleinstädte, die eigene, innovative Arbeitsplätze bieten und durch Kultur und Infrastruktur als attraktiver Wohnort gelten", sagt der Sozialforscher Steffen Kröhnert, Mitautor der Studie.
Eine besondere Rolle nehmen dabei Dörfer im Speckgürtel der Großstädte ein. Diese haben laut Kröhnert beste Zukunftsaussichten - vorausgesetzt, sie entwickeln ihre Infrastruktur beständig weiter und verkommen nicht zu "reinen Schlafstädten".

Herbede, das im Speckgürtel der Großstadt Bochum liegt, könnte zu den Dörfern und Kleinstädten gehören, denen der Sozialforscher Steffen Kröhnert, Mitautor der Studie, "beste Zukunftsaussichten" einräumt.

Herbede kann auf eine 1150-jährige Geschichte zurück blicken und hat trotz des Verlustes seiner ehemaligen Selbständigkeit als Stadt (die Eingemeindung nach Witten erfolgte 1975) eine gewisse Eigenständigkeit bewahrt. Es verfügt über ein Zentrum, das nach Innen für Identifikation und Identität sorgt und nach Außen für das Image. Es bietet Vielfältigkeit von Nutzungen, ist vital, so dass Bürger und Besucher sich von Herbede angezogen fühlen und das Zentrum intensiv nutzen.

Aber auch Herbede hat gegen die Folgen des Rückgangs der Einwohnerzahl zu kämpfen. Die Kaufkraft wird in den nächsten Jahren weiter sinken, und dennoch plant die Stadt die Ansiedlung eines großflächigen Lebensmitteleinzelhandelsbetriebes, die dazu führen wird, dass
  • etwa ein Drittel der gesamten Verkaufsfläche des Zentrums außerhalb des gewachsenen Zentrums neu entsteht,
  • sollte Edeka den Zuschlag erhalten, mindestens zwei Drittel der gesamten Verkaufsfläche des Zentrums von einem einzigen Konzern beherrscht sein wird (Edeka+Netto=Edeka-Konzern) 
Die Ladenleerstände zeigen schon heute, dass die Angebotsvielfalt gefährdet ist. Durch die geplante Konzentration würde die Vielfalt nicht gestärkt. Die Stadt kann dafür keine überzeugenden Gründe nennen.

Noch ist das Herbeder Zentrum das Aushängeschild für den Stadtteil. Wenn Herbede seine Vitalität nicht verlieren und zu einer Schlafstadt verkommen soll, muss die Planungspolitik für eine integrierte Stadtentwicklung das Zentrum stärken und die derzeit laufenden Aktivitäten zur Stärkung des Zentrums unterstützen.

Zahlen zur Entwicklung der Einwohnerzahl in Herbede:
Stadt+Handel: "Überprüfung der einzelhandelsbezogenen Entwicklungszielsetzungen für den Standortbereich Witten-Herbede, 12. September 2011", 12 MB (pdf)